Vereinschronik

 

 

Die Erinnerungen an das närrische Treiben in Dirlewang reichen weit zurück bis ins letzte Jahrhundert – so weit dass der eigentliche Ursprung des Dirlewanger Faschings schon gar nicht mehr genau datiert werden kann. Die ersten bildlichen Dokumente jedenfalls stammen vom Umzug aus dem Jahre 1902. Schon damals zog man auf holprigen Straßen durchs Dorf, um das ein oder andere Ereignis des Jahres auf die Schippe zu nehmen.

Das Prinzenpaar Alois I. und Marianne I. von 1961 mit der „Ersatzprinzessin“ Helga Götzfried, geb. Gallert auf dem Umzugswagen (von rechts).
1963: Die erste Garde

Den Grundstein für die Entstehung des Faschingvereins wurde jedoch erst im Jahr 1961 mit der Krönung des ersten Prinzenpaares gelegt: Prinzessin Marianne I. (Sailer, geb. Doll) und Prinz Alois I. (Leibrecht) regierten die Narren in der fünften Jahreszeit. Allerdings war damals die Prinzessin beruflich sehr eingeschränkt und somit musste Helga Götzfried, geb. Gallert in die Rolle der Ersatzprinzessin schlüpfen und in „Notfällen“ das Zepter in die Hand nehmen.

Anfang 1962, unter dem Vorsitz eines echten Initiators des Dirlewanger Faschings, Philipp Knauer, wurde das erste Faschingskomitee gebildet. 1962 und 1963 regierten zwei weitere Prinzenpaare die Dirlewanger Narrenschar und 1963 wurde sogar eine 5-köpfige Garde ins Leben gerufen. Als erster Oberhofmarschall ging Dieter Ramsch in die Geschichte ein.

Am 27. Februar 1966 unter dem ersten Präsidenten Max Schuster wurden alle närrischen Aktivitäten unter ein gemeinsames Dach gestellt: der Verein war geboren. 1967 wurde in einer Nacht- und Wirtshausaktion kurzerhand ein Prinzenpaar bestimmt. Eine Garde gab es zu diesem Zeitpunkt nicht.

Als Tanzkapelle spielte zur damaligen Zeit hauptsächlich die „Meteors“, die ja ortsansässig waren, und immer für eine Bombenstimmung sorgten.

Der Ausklang des Faschings 1967 wurde im „Café Schaumann“ gefeiert und der Prinz wurde schlicht unter einem Leintuch aufbewahrt und anständig mit Weihwasser begossen, so dass er fast keine Luft mehr bekam. Der anwesende Pfarrer mit seinen Ministranten sorgten mit der Litanei für den gebührenden Rahmen.

Erst zwei Jahre später, im Jahr 1969, erhielt der Faschingsverein seinen heutigen Namen „Narrwangia“.

Anfang der 70er Jahre übernahm Karl Dechmann das Präsidentenamt. Auch neun Gardemädchen durften die Dirlewanger bewundern, die einen zackigen Gardemarsch zum Besten gaben. Damals wurde zwar per Tonband geprobt, allerdings wurde auf den Faschingsbällen der Einmarsch, die Schunkelrunden und die Stimmungsmusik vom weit bekannten „musikalischen Elferrat“ live begleitet. Auch die verschiedenen Tanzkapellen spielten den Gardemarsch, so dass die Mädchen oft schon nachmittags zur Musikprobe erscheinen mussten. Natürlich muss nicht erwähnt werden, dass „Patzer“ seitens der Kapelle bei den Mädchen auf der Tanzfläche für Verwirrung sorgten. Allerdings war die Begeisterung für den Fasching so groß, dass kleinere Fehler beim Tanz sofort vom Publikum verziehen wurden. Ab 1977 wurde dann nach Tonbandmusik getanzt. Die Stimmung bei den Dirlewanger Dorfbällen war immer riesig, egal ob mit oder ohne Programm. Jeden Samstag, oft auch freitags und teilweise am Sonntag war die Turnhalle immer voll. Auch war man zur früheren Zeit bei den Ehrungen nicht so zimperlich wie heute: das obligatorische Küsschen einmal rechts und einmal links auf die Wange wurde direkt auf den Mund gegeben.

Das erste Prinzenpaar der Narrwangia: Prinz Karl I. (Dechmann) und ihre Lieblichkeit Prinzessin Erna I. (Dechmann, geb. Schuster)
Anfang der 70er Jahre sorgte der „musikalische Elferrat“ für die Musik.

Beim traditionellen Kehraus wurde nur der Prinz beerdigt, die Prinzessin stand daneben und trauerte um „ihren“ Prinzen.

Der Faschingsausklang am Aschermittwoch wurde zur damaligen Zeit mit rheinländischem Brauchtum, dem sog. „Hering schieben und Geldbeutel waschen“ begangen. Einige Jahre später gingen die Narren dann ins Wirtshaus und ließen sich Froschschenkel und Schnecken schmecken.

Nach Karl Dechmann übernahm Ernst Hieber und danach Heinz Bauer die Führung des Vereins. Zahlreiche Bälle erfreuten zu Beginn der 80er Jahre die Dirlewanger Bevölkerung. Danach wurde für längere Zeit eine Pause eingelegt, nur 1986 stellte eine bunte Truppe ein Showtanzprogramm auf die Beine („Kriminal Tango“ und „kleiner grüner Kaktus“). Ab 1990 ging dann die Faschingszeit wieder richtig los und 1994 übernahm Michael Bauer den Posten als erster Präsident. 1995 wurde das Wappenzeichen der Narrwangia, der Dirlerwanger Faschingskasper, geboren, der aus „dem Pinsel“ des ehemaligen Präsidenten Karl Dechmann stammt.

Der Faschingsausklang am Aschermittwoch wurde mit rheinländischem Brauchtum gefeiert: „Geldbeutel waschen und Hering schieben“.
Das Wappenzeichen der Narrwangia seit 1995. Gemalt von Karl Dechmann.

1999 konnte das erste große Jubiläum (33 Jahre) gefeiert werden: ein Jubiläumsball, eine Ausstellung und ein großer Gaudiwurm zog durch die Straßen des Unterallgäuer Ortes.

2005 wurde aus den „Dirlewanger Mindelfunken“ die offizielle Minigarde des Vereins. Mit quirligen Einlagen und tollen Märschen begeistern sie seitdem das närrische Publikum.

2009 übergab Michael Bauer die Führungsriege an seinen Bruder Bernd. 50 aktive Mitglieder prägten 2010 das zweite große Jubiläum in der Geschichte des Vereins: 44 Jahre!

2018 wurde der Verein in jüngere Hände gelegt und Florian Obermair übernahm das Präsidentenamt von Bernd Bauer und damit endete die langjährige Faschingstradition der Familie Bauer. Über 40 Jahre prägten sie den Dirlewanger Fasching mit viel Herzblut, Engagement, Kreativität und Feingefühl.

2021 stand ihr nächstes großes närrisches Jubiläum vor der Tür, doch leider musste das 55-jährige aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden.

 

Von Sabine Adelwarth